14.06.2020

Ich bin dann mal da!

Leben im HEUTE Gottes Ein Beitrag von Sr. Christine Muhr

Ich bin dann mal da! Leben im HEUTE Gottes

von Sr. Christine Muhr

„Ich bin dann mal weg“ – wer kennt das Buch von Hape Kerkeling nicht, in dem er seine Erfahrungen auf dem Jakobsweg beschreibt? Dieser Titel spricht eine tiefe Sehnsucht in uns an. Viele Menschen fühlen sich gehetzt, getrieben, vielleicht auch überfordert. Immer mehr muss in noch kürzerer Zeit passieren. Immer höher werden Erwartungen und Anforderungen. Wann ist genug wirklich genug? So wächst die Sehnsucht, im Hier und Heute das Leben zu finden, im Frieden mit sich selbst und Gott zu sein. In der Gegenwart Gottes zu leben – das ist die Kunst. Ich bin dann mal da.

Pilgern

Für mich ist ein Weg zu diesem Ziel das Pilgern. Und so habe ich mich begeistert gemeldet, als es galt, den Post it für Juni zu schreiben. Frisch zurück vom „Pilgern für Frauen“, der Veranstaltung, die in unserem Tagungshaus immer sofort ausgebucht ist, hätte ich manches dazu zu sagen – so meine Vorstellung. Wie viele Ideen, Vorstellungen und Planungen fiel auch dies der Coronakrise zum Opfer. Aber geblieben ist das Anliegen, in großer Unmittelbarkeit zu Gott zu leben! Darum zwei kleine Vorschläge, die Begegnung mit Gott zu suchen.

Spaziergang mit Gott

Der nächste Spaziergang bietet dazu eine tolle Möglichkeit. Und so geht es praktisch:

  • Gehe möglichst einen Weg, der nicht überlaufen ist. Nach etwa einer halben Stunde solltest du soweit zur Ruhe gekommen sein, dass du Folgendes tun kannst:
  • Nimm wahr, was du siehst (Bäume, Blumen, Hölzer …), was du hörst (Vögel, Flugzeuge, Menschen …), riechst (Erde, Blumen, Abgase …) spürst (Steine, Sonnenwärme, Wind …), tastest (Baumrinde, Gräser, Steine …).
  • Bleibe ganz beim Wahrnehmen, ohne gleich zu reflektieren oder zu bewerten.
  • Entspanne dich nach einer Zeit der Wahrnehmung und lass das Wahrgenommene nachklingen.
  • Wende dich dann einer Sache zu, die dich intuitiv anspricht, z.B. einem plätschernden Bach, einer duftenden Blüte oder einem verwitterten Stein.
  • Verweile bei diesem Gegenstand und versuche, ihn mit allen Sinnen vertieft wahrzunehmen.

Du wirst merken, wie es dich zum Gebet drängt. Dank, Staunen, Fragen, Ängste, Anliegen – alles hat jetzt seinen Raum. Wenn du in Gedanken abdriftest, konzentriere dich wieder aufs Hören, Riechen … Bleib solange im Gespräch mit Gott, bist du den Eindruck hast, dass jetzt alles gesagt ist.

Mich spüren

Manchmal hilft es einfach schon, bewusst zu gehen.

  • Gehe, wie du immer im Alltag gehst: „Das ist mein Alltagstempo“.
  • Gehe bewusst schnell: „Ich muss schnell vorankommen“.
  • Gehe ganz langsam: „Hilfe, ich werde gehindert.“
  • Gehe so, wie du noch nie gegangen bist: „Ich gehe fantasievoll“.
  • Gehe so, wie es zu dir passt: „Das passt zu mir“.

Nimm noch einmal wahr, wie du dich bei den verschiedenen Tempos gefühlt hast. Siehst du Parallelen zwischen deinem Schritttempo im Leben und deiner Gottesbeziehung? Sprich mit Gott über das, wonach du dich sehnst.

Im Alltag sind kleine Aufmerksamkeitsübungen wie diese einfach und doch so hilfreich. Probiere sie aus, um dich in der Nähe Gottes wiederzufinden.