15.11.2024
(Un)versöhnt
Unsere Sorgen um die Welt können erdrücken
© Privat
In den Ruinen der Coventry Cathedral ist es still. Kaum etwas vom Lärm der Stadt und des geschäftigen Alltags dringt bis hierher. Wie viele Orte in Europa wurde auch Coventry im Jahr 1940 Opfer der Schrecken des Zweiten Weltkriegs. Am 14. November brannte die Kathedrale nach einem Luftangriff nieder. Zurück blieben unter anderem drei große Zimmermannsnägel aus dem Dachstuhl, die zu einem Kreuz zusammengesetzt wurden. Der damalige Dompropst ließ die Worte „Father Forgive“ – „Vater, vergib“ – in die Chorwand der Ruine meißeln. Seither steht die Kathedrale weltweit als Symbol für Versöhnungs- und Friedensarbeit.
Von Aufgabe überwältigt
Die Welt braucht heute mehr denn je Frieden und Versöhnung. Doch oft fühlen wir uns angesichts dieser großen Aufgabe überwältigt, fast hilflos. In solchen Momenten hilft es, innezuhalten, tief durchzuatmen und einmal in sich selbst hineinzuschauen. Wo beginnt Versöhnung eigentlich? Vielleicht bei mir selbst? Bin ich denn überhaupt mit mir selbst versöhnt? Das sind keine einfachen Fragen. Doch der Kolosserbrief bietet uns eine Hilfestellung:
Versöhnung finden
„Der Friede Christi regiere in euren Herzen, denn dazu seid ihr berufen als Glieder des einen Leibes. Und seid dankbar.“ (Kolosser 3,15)
Dieser Vers lädt uns ein, unseren Blick auf Jesus zu richten, damit wir durch seine Hilfe Frieden, Versöhnung und Harmonie finden können.
Gottes Gegenwart hineinbitten
Kehren wir zurück zur Coventry Cathedral: An diesem Ort, der so stark für Frieden steht, hat man auch erkannt, dass Versöhnung und Frieden im Herzen jedes Einzelnen beginnen. In den Ruinen findet man Tafeln mit Gebeten, die mit den Worten „Hallowed be thy name…“ – „Geheiligt werde dein Name…“ – beginnen und dann Gottes Gegenwart in verschiedene Lebensbereiche hineinbitten:
Geheiligt werde Dein Name in der Industrie. Gott sei in meinen Händen und in meinem Schaffen.
Geheiligt werde Dein Name in der Kunst. Gott sei in meinen Sinnen und in meinem Kreieren.
Geheiligt werde Dein Name zu Hause. Gott sei in meinem Herzen und in meinem Lieben.
Geheiligt werde Dein Name im Handel. Gott sei an meinem Schreibtisch und in meinem Handeln.
Geheiligt werde Dein Name im Leiden. Gott sei in meinem Schmerz und in meinem Durchhalten.
Geheiligt werde Dein Name in der Regierung. Gott sei in meinen Plänen und in meinen Entscheidungen.
Geheiligt werde Dein Name in der Bildung. Gott sei in meinem Verstand und in meinem Wachsen.
Geheiligt werde Dein Name in der Erholung. Gott sei in meinen Gliedern und in meiner Freizeit.
Handeln gegen die Hilflosigkeit
Unsere Sorgen um die Welt und die eigene Hilflosigkeit können erdrückend wirken. Doch im Gebet liegt eine Kraft, die uns handeln lässt – für Frieden und Versöhnung, auch in diesen turbulenten Zeiten. Und dieser Weg beginnt in unseren eigenen, (un-) versöhnten Herzen.
von Kersten Rieder