15.07.2023

Zorn – ja oder nein?

Da könnte ich an die Decke gehen...

„Boa man. Da könnte ich nur beim Gedanken daran schon wieder an die Decke gehen.“ Solche Situationen gibt es leider immer wieder in meinem Alltag. Sei es mit meinem Mann, meinen Kindern oder auch nur in meinen Gedanken gegenüber anderen. Ihr Verhalten macht mich zornig. Dabei sollen wir doch ganz anders miteinander umgehen. Viel liebevoller und freundlicher.

Zorn ist normal

Über viele Jahre hinweg – so mein Eindruck – hat man versucht Zorn/Wut aus dem Gefühlsrepertoir der Menschen zu entfernen. Zorn und Wut als ein Zeichen von Triebhaftigkeit und Unkontrolliertsein. Doch dann bin ich über diese Bibelstelle gestolpert: Wenn ihr zornig seid, dann versündigt euch nicht. Für mich bedeutet diese Stelle, dass Zorn zu unserem Leben und unseren Gefühlen als normaler Bestandteil dazugehört. Dass mich Emotionen überkommen ist völlig natürlich. Genauso hat uns Gott nämlich geschaffen. Mit Freude, Liebe, aber auch Zorn und Wut in unserem Gefühlskatalog.

Der Umgang mit Zorn

Das Wichtige ist, was ich mit meinem Zorn mache: Bleibe ich darin stehen, halte an meinem Recht fest und lasse es alle spüren oder versuche ich nach dem ersten Ausbruch auch nach einer Lösung, einem Kompromiss zu suchen und wieder Frieden zu schließen? Nicht die Wut unter den Teppich kehren, sondern echte haltbare Lösungen anstreben. Und dann ganz wichtig: die Situation nicht in das Archiv verschieben und dort warmhalten. Legt euren Zorn ab, bevor die Sonne untergeht. So geht der Vers aus Epheser 4,26 weiter. Wie der Tag zu Ende geht, so soll auch der Zorn (und die Situation) zu Ende gehen. So kann ich mit Frieden, Freude und Zuversicht in den neuen Tag starten.

Den Druck kontrolliert ablassen

Doch was mache ich nun, wenn mich der Zorn überkommt? Wie kann ich eben mich „nicht versündigen“ in meinem Verhalten? Da kommt mir das Bild eines Dampfdrucktopfes in den Sinn. Ich kann natürlich den aufgebauten Druck dieses Topfes einfach ablassen lassen, weil ich so schnell den Deckel öffnen kann und dann ja alles gut ist. Doch das wäre wirklich triebhaft und unkontrolliert. Viel besser ist es, den Druck langsam abzulassen, damit mein Inhalt nicht kaputt geht oder Risse bekommt, oder gar der (ganze) Inhalt mir durch das Ventil rausschießt. Daher – je nach Inhalt – langsam den Druck ablassen, abkühlen lassen oder abwarten.

Kleine Tipps, um mit Zorn umzugehen

Für mich konkret heißt es: auf zehn zählen, bevor ich antworte. Wirklich durchatmen und meinen Atem bewusst durch die Nase strömen lassen. Für einen Moment raus an die frische Luft und die Augen schließen. Im Wald einen lauten Schrei los lassen. Mit meinen Sportkleidern durch die Gegend rennen und mich körperlich abreagieren. Was sind Ihre Methoden? Schreiben Sie sich gerne vier oder fünf Möglichkeiten auf, um beim nächsten Zorn schon eine Lösung parat zu haben. Und dann… ja, dann suchen wir nach einer haltbaren Lösung für diese Situation. Ein klärendes Gespräch. Ein haltbarer Kompromiss, der für beide Seiten wirklich (!) eine Lösung ist. Und wir legen die Situation Gott in die Hände. Dann kann echter Friede entstehen und mein Zorn hat mich nicht zur Sünde verleitet. Nun kann die Sonne untergehen und der neue Tag starten.

 

Von Alisa Ott