15.08.2022

Ein unscheinbarer Beginn

Vor einiger Zeit hatte ich die Gelegenheit...

Vor einiger Zeit hatte ich die Gelegenheit, eine Schmetterlingsfarm zu besuchen. Ich mochte Schmetterlinge schon als Kind und finde sie bis heute faszinierend. Ihre Schönheit ist das Ergebnis eines langen Weges vom abgelegten Ei über die Raupe und Puppe bis hin zum Falter. Bis zu viermal häutet die Raupe sich, um dem Wachstum Raum zu geben. Dann kommt das Stadium der Puppe. Kopfüber hängt das eher unansehnliche Gespinst, in dem die Raupe aufgeht, von Ästen herab.

Überraschung

Man denkt unwillkürlich: Was soll da jetzt noch Gutes herauskommen? Doch die Überraschung ist groß. Aus diesem einfarbigen Gebilde drängt sich nach einiger Zeit ein wunderschöner Schmetterling mit großer Kraft durch eine kleine Öffnung. Erschlafft von der Anstrengung muss er erst einmal zu Kräften kommen und kann erst danach seine Flügel entfalten, seine Schönheit zeigen und die nun allzu unwirtlich wirkende Puppe endgültig verlassen.

Ein ermutigendes Beispiel

Wenn ich alle Phasen der Entwicklung bis hin zum Schmetterling ansehe, stelle ich Parallelen zu unserer heutigen Situation in Coronazeiten fest. Unser persönliches Leben und auch unser Gemeindeleben sind noch wie verpuppt, eingeengt, fast versteckt vor der Öffentlichkeit, erstarrt. Wie soll und wie wird es weitergehen, wenn Corona uns aus der Starre erwachen lässt? Werden unsere Gemeinden wieder so werden, wie sie einmal waren? Oder vielleicht sogar noch besser?

Alles hat seine Zeit…

Kein Mensch bleibt, wie er ist. Das Leben verändert uns. Täglich. Wir lassen los, wir gestalten neu, wir verlieren und gewinnen. Nichts bleibt, wie es war. Die Raupe verliert zunächst ihre Freiheit, wird eingeengt in die Puppe, wird starr und wirkt von außen gesehen wie tot. Wo ist die Schönheit, die Anmut hin? Verborgen vor unseren Augen entsteht ein neues Leben aus dem abgestorbenen Korpus. Alles wird verwandelt in den schönen Schmetterling.

Zurück ins Leben

Wenn es für den Schmetterling Zeit wird, aus der Puppe auszubrechen, muss er sich mit aller Gewalt durch eine enge Öffnung quetschen. Würde er das nicht tun, würden seine Flügel nicht genug versorgt und er würde niemals fliegen können. Es wäre für ihn sogar gefährlich, diese Enge des Durchgangs nicht zu erleben. Alles, was hinter ihm liegt, war Vorbereitung auf das eigentliche Leben in Schönheit und Majestät.

Sehen wir das doch als Ermutigung für uns persönlich und auch für uns als Gemeinden an. Wir gehen durch die Enge, stecken fest im Verborgenen. Ja, es werden nicht alle zurückkommen in unsere Gemeinden, die vorher unsere Gottesdienste gefüllt haben. Es werden manche Formen des Gemeindelebens nicht mehr wiederbelebt werden können. Aber es wird neue Aufbrüche geben- hin zu neuem Leben.  

Bin ich – sind wir bereit, abzulegen, was nicht lebensfähig ist? Und da zu investieren, wo Schönheit und Anziehungskraft sich neu entfalten? Werden Andere unsere Gemeinden attraktiv finden, unsere Aktionen mit Freude verfolgen? Werden wir ein leuchtendes Zeichen für die Liebe und Kreativität unseres Schöpfers sein? Vielleicht ist genau das der Grund, warum uns Gott durch diese Enge gehen ließ- dass wir unsere eigenen Vorstellungen sterben lassen und ihm für eine gute Zukunft vertrauen.

Elke Werner